Semesterarbeit über digitales Satellitenfernsehen  
     
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Vorwort
Zusammenfassung
Inhalt
Einleitung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7 Teil1
Kapitel 7 Teil2
Kapitel 8 Teil1
Kapitel 8 Teil2
Kapitel 9 Teil1
Kapitel 9 Teil2
Kapitel 9 Teil3
Kapitel 9 Teil4
Kapitel 10
Abkürzungen
Symbole
Literaturverzeichnis
Anhang A
Anhang B

9 Systemvergleich analog - digital

Um einen direkten Vergleich eines analogen- und digitalen Übertragungssystems anzustellen, ist sinnvollerweise von der gleichen (analogen) Vorlage auszugehen. Da sich die beiden Systeme in ihrem Prinzip völlig unterscheiden, ist ein Vergleich auf der Übertragungsstrecke selbst nicht möglich, sondern nur am gemeinsamen Endpunkt (analoges PAL-Signal).
Die analoge Übermittlung weist Verluste auf, die beim Betrieb oberhalb der FM-Schwelle aus einem dem Bild überlagerten Rauschen und einer Verzerrung der Bildparameter (Kontrast, Farbsättigung etc.) bestehen. Im Gegensatz dazu ist das digitale System oberhalb der Ausfallgrenze zu 99.9% fehlerfrei. Verluste entstehen hier lediglich bei der Digitalisierung durch das Quantisierungsrauschen und vor allem durch die Datenreduktion. Diese können jedoch durch eine entsprechende Wahl der Bitrate beliebig klein gehalten werden.

9.1 Theoretischer Teil

9.1.1 Analoges System

9.1.1.1 Parameter der Übertragungsstrecke

Die Übertragung von analogem Fernsehen über Satellit erfolgt wegen der günstigeren Rauschbilanz mit Frequenzmodulation. Die Kanalbandbreite B ergibt sich aus der Carson-Formel:

Formel 9.1   (9.1)

Mit den Werten:
        Frequenzhub = 7.5 MHz (bei Astra)
        Basisbandbreite fg = 6 MHz bei Pal

Die Bandbreite eines analogen Transponders beträgt also B = 27 MHz. (bei Astra). Entscheident für die Bildqualität ist das Signal-Rauschverhältnis im Basisband (S-N; Das Verhältnis wird in dB angegeben und als Differenz geschrieben). Das S-N hängt vom C-N, dem Carrierl-Rauschverhältnis des Kanals ab:

Formel 9.2   (9.2)

Dabei ist PR = 2 dB der Gewinn durch Preemphase und GFM der Modulationsgewinn, der dadurch zustande kommt, dass bei Breitbandverfahren bei der Demodulation das Signal stärker als das Rauschen bewertet wird. Bei FM beträgt der Gewinn:

Formel 9.3   (9.3)

Der Modulationsgewinn eines 27 MHz Kanals ist somit GFM(27) = 16.3 dB (GFM(36) = 21.6). Der lineare Zusammenhang zwischen S-N und C-N gilt jedoch nur oberhalb der FM- Schwelle, die je nach Demodulator bei 5,5 bis 9 dB C-N liegt. Geringere Werte führen zu einer überproportionalen Verschlechterung des S-N und zu "Fischchen" im Bild. Der Schwelleffekt kommt durch Phasensprünge zustande, die bei der Differentiation im Demodulator entsprechend grosse Beiträge (Clicks) liefern.
Neben dem C-N Verhältnis wird der Übertragungkanal auch durch den Frequenzgang und die Gruppenlaufzeit charakterisiert. Eine Dämpfung der hohen Frequenzen beispielsweise hat einen Verlust der Detailauflösung zur Folge während eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit für Echos an vertikalen Kanten verantwortlich ist.

9.1.1.2 Parameter der Bildqualität

Massgebend für die Bildqualität ist neben dem Kontrast und der Farbsättigung, die bei einer Verzerrung in einem gewissen Rahmen wieder korrigiert werden können, vor allem die Auflösung und das Rauschen. Die Auflösung wird durch die Luminanzkomponente bestimmt. Bei einer Videobandbreite von 5 MHz und einer Horizontalfrequenz von 15625 Hz beträgt die maximale horizontale Auflösung 640 Pixel, wobei nur 520 Pixel im sichtbaren Bereich liegen. Die vertikale Auflösung wird durch das Produkt der Anzahl der sichtbaren Zeilen (575) mit dem Kell-Faktor (0.67 bei PAL) festgelegt. Bei voller vertikaler Auflösung würde durch den zeilenweisen Abtastvorgang Aliasing auftreten. Es wird deshalb durch eine "optische Unschärfe" die Auflösung um den Kell-Faktor reduziert.

Die maximale Auflösung des sichtbaren Bereichs ist somit:
               520 x 385 Pixel (H x V)

Das sichtbare Bild hat jedoch ein Format (4/3) von
               768 x 575 Pixel (H x V)

Um die Wirkung des Rauschens auf das Auge zu berücksichtigen, wird das S-N Verhältnis im Basisband mit einer Bewertungskurve (Bild 9.1) gewichtet. Dabei verbessert sich der Störabstand um PB = 14,7 dB. Das bewertete S-N Verhältnis berechnet sich zu

Formel 9.4   (9.4)

bzw.

Formel 9.5   (9.5)

und

Formel 9.6   (9.6)

für einen 27-MHz Kanal (Astra) und einen 36-MHz Kanal (Kopernikus). Als minimaler Wert für ein störungsfreies Bild wird ein S-N von 45 dB angegeben.

Bild 9.1

Bild 9.1 Bewertungskurve nach CCIR-567: Bewertung der Störungswirkung des Rauschens auf das Auge.

9.1.2 System Digital

An die Stelle des S-N Verhältnisses bei der analogen Technik tritt bei dem digitalen System die Bitfehlerrate. Wie bereits erwähnt, wird das Digitale System so ausgelegt, dass in der Umgebung des Arbeitspunkts, die Übertragung zu 99.9% fehlerfrei ist (quasi error free, QEF). Dies entspricht einer Bitfehlerrate nach der Fehlerkorrektur von BER < 10 hoch -12.

9.1.2.1 Parameter der Übertragungsstrecke

Auf Grund kleiner C-N Verhältnisse auf dem Satellitenkanal verwendet DVB-S als digitales Modulationsverfahren QPSK. Der Arbeitspunkt des Systems muss so festgelegt werden, dass die vorgegebenen maximalen Bitfehlerraten eingehalten werden. Bild 9.2 zeigt den Zusammenhang zwischen der BER und Eb/N0 für ein QPSK-System mit Coderate 3/4. Daraus lässt sich der minimale Wert für Eb/N0 ablesen. Messtechnisch relevant ist jedoch das C/N Verhältnis. Darum leiten wir hier die Beziehung zwischen den beiden Grössen her:
Die Energie pro Brutto-bit Ebbrutto ist

Formel 9.7   (9.7)

Die Energie bezogen auf die Netto- oder Informationsbitrate folgt durch Umrechnung mit der Coderate R1 mal R2 zu

Formel 9.8   (9.8)

Weiterhin gilt für die Rauschleistungsdichte N0 und die Rauschleistung N

Formel 9.9   (9.9)

Formel 9.9a   (9.9a)

Die Nichtidealität D ist
         beim Satellit: D = B3dB/B0dB
         im Kabel: D = (1 + alpha)

Aus (9.7), (9.8) und (9.9) folgt schliesslich

Formel 9.10   (9.10)

Der Quotient von Bitrate Br und effektiver Bandbreite Beff ist aber gerade die Bandbreiteneffizienz Be. In (9.10) eingesetzt folgt daraus

Formel 9.11   (9.11)

Konkret für die beiden Standards lautet die Beziehung somit: DVB-S:

Formel 9.12   (9.12)

m=2

Formel 9.13   (9.13)

DVB-C:

Formel 9.14   (9.14)

Wenn das minimale C/N Verhältnis bestimmt ist, kann schliesslich die Empfangsanlage dimensioniert werden (siehe Kapitel 9.3).

Bild 9.2
Bild 9.2 Bitfehlerraten nach QPSK-Demodulation, Viterbi und RS für Coderate 3/4

Die für die digitale Übertragung relevanten Parameter und deren Überwachung, wie sie bei SES/Astra erfolgt, sind in Bild 9.3 dargestellt. Die Messpunkte sind im einzelnen:

- HF (10,70-12,75 GHz)
Die Messung der Signalleistung (EIRP) gibt Aufschluss über den Zustand der Satellitentransponder. Die Uplinkverstärker und Modulatoren werden durch Analyse des Spektrums beurteilt.

- Demodulation
Im Signalraum wird der Durchmesser der "Wolke" um einen Zustand ins Verhältnis zum Abstand zweier Zustände gesetzt. Dies ist ein Mass für die BER des Kanals. Die Ausgewogenheit der I- und Q-Komponenten ist ein weiteres Kriterium.

- Fehlerkorrektur
Die Bitfehlerrate wird bestimmt indem die Anzahl der aufgetretenen Fehler während eines Zeitraumes gezählt werden. Die Messung ist um so genauer, je höher die Fehlerrate bzw. länger die Messzeit ist:
Die BER des Kanals (bei 10 hoch -2), die gleich der Anzahl der durch Viterbi korrigierten Fehler ist, ist relativ hoch und kann in kurzer Zeit ermittelt werden. Die Bestimmung der BER nach Viterbi (bei 10 hoch -4) dauert bei gleicher Genauigkeit schon wesentlich länger. Sie ist gleich der Anzahl der Reed-Solomon Korrekturen. Die BER nach Reed-Solomon (bei 10 hoch -12, quasi error free) kann nicht während des Sendebetriebs gemessen werden. Stattdessen wird eine binäre Pseudozufallsfolge (PRPS) gesendet und im Empfänger die Fehler gezählt.

- Transportstream
Mit einem MPEG TS-Analyser wird der Transportstream auf korrekte Syntax und vollständige Program Specific Information (PSI) und Service Information (SI) Tables untersucht. Die Überprüfung läuft jedoch nicht ständig, da noch keine Echt- zeit Analysatoren existieren.

- Bild- und Tonqualität
Die Bild- und Tonqualität wird nur stichprobenartig und subjektiv überwacht, da es derzeit noch keine guten objektiven Verfahren gibt. (siehe unten)

Bild 9.3
Bild 9.3 Messung der DVB-S Parameter bei SES/Astra in Betzdorf

9.1.2.2 MPEG und Bildqualität

Die Bildqualität der digitalen Übertragung hängt vor allem von der Qualität der MPEG-Codierung ab. Das Quantisierungsrauschen der Digitalisierung liefert ein S-N von 10log[2 hoch (2 mal #bit)]. Bei einer vollen 8 bit- pro-Pixel Quantisierung lautet der Wert S-N = 48.2 dB. Das optisch bewertete S-N liegt dann bei 48,2 dB + 14,7 dB = 62,8 dB. Dies ist eine obere Schranke für die MPEG Encodierung, die ja die DCT- Koeffizienten jeweils gröber quantisiert.
Eine obere Schranke für die Auflösung ist das Format (720x576 Pixel). Die tatsächliche erreichte Auflösung hängt von der Datenrate ab. Da bei der Codierung die DCT-Koeffizienten hoher Frequenzen sehr grob quantisiert werden, verliert das Bild an Auflösung.
Die Effekte, die komprimierte Bilder verschlechtern, unterscheiden sich grundsätzlich von analogen Störeinflüssen:

  • Blocking: Blockstruktur wird sichtbar.
  • Error Blocks: einzelne Blöcke haben fehlerhafte Inhalte.
  • Edge Business: Rauschen und Artefakte an Kanten.
  • Mosquito Noise: Rauschen und Artefakte an bewegten Stellen.
  • Quantisation Noise: Rauschen, ähnlich weissem Rauschen, das jedoch nicht an jeder Stelle im Bild gleich gross sein muss.
  • Blurring: Detailverlust im gesamten Bild.
  • Jerkiness: ruckartige Bewegungen der Objekte.

Aus diesem Grund müssen zur Beurteilung der Bildqualität völlig neue Verfahren entwickelt werden. Dabei wird zwischen subjektiven und objektiven Verfahren unterschieden. Eine subjektive Beurteilung der Qualität ist nur stichprobenartig möglich und aufwendig (teuer). Deshalb ist man bestrebt, ein objektives Messverfahren zu entwickeln, das möglichst gut mit dem subjektiven Bildeindruck korreliert.

Subjektives Verfahren:
Das Bild wird durch eine Gruppe von Versuchspersonen mit dem Original verglichen und benotet. (Der Q-Faktor ist: 1 - sehr störende Artefakte, 2 - störend, 3 - feststellbar, leicht störend, 4 -feststellbar, nicht störend, 5 - nicht feststellbar). Der Mean opinion Score (MOS) entsteht durch Mittelung der Einzelnoten. Die genauen Umstände (Betrachtungsabstand etc.) werden durch die ITU-Empfehlung BT500 normiert.

Objektive Verfahren:
Ein bereits existierendes objektives Messverfahren ist der MSE (Mean Squared Error). Hierbei wird die Differenz von Bild und Original gebildet und der Mittelwert der Fehlerquadrate bestimmt. Je kleiner der Wert ist, desto näher ist das Bild am Original. Eine aus dem MSE abgeleitete Grösse ist das PSNR (Peak Signal to Noise Ratio): PSNR = 10log (255 hoch 2 / MSE).
Der MSE korreliert allerdings nur schlecht mit dem MOS, in manchen Fällen liefert er sogar falsche Ergebnisse.
In Entwicklung ist ein anderes objektives Verfahren, das sich besser mit dem subjektiven Eindruck deckt. Der JND - Algorithmus (Just noticable Differences) modelliert des Sehsystem des Menschen und verwendet optische Bewertungskurven. Das Bild wird in Teilbändern analysiert und durch "pooling" der Zusammenhang verschiedener Bildregionen beachtet. Das Ergebnis ist eine Skala, bei der Werte über 1 aussagen, dass mehr als 75% der Versuchspersonen das Bild vom Original unterscheiden können.

Herkömmliche Testbilder für analoge Systeme sind nur sehr bedingt zur Messung der MPEG Encoder "performance" zu verwenden, da diese statisch sind. Eine von der TU Braunschweig entwickelte -aber leider bisher nicht gesendete - Testsequenz soll Encoderschwächen bzw. die Artefakte besonders hervorheben. Die Sequenz enthält verschiedene Bildbereiche, mit der sich u.a. folgende Parameter analysieren lassen:

  • GOP Struktur
  • Grösse des globalen Quantisierungsfaktors
  • Schritte der Vorverarbeitung (Unterabtastung, Filterung)
  • Quantisierungsungenauigkeiten von DCT-Koeffizienten
  • Verarbeitung bewegter Objekte
  • Prädiktionsfehler
  • Bildgrösse
  • Farbfehler

9.1.3 Ausfallcharakteristik

Bild 9.4 zeigt die theoretische analoge und digitale Ausfallcharakteristik gemäss den Gleichungen (9.5) und (9.6). Der Ort der FM-Schwelle (6 - 9 dB) liegt bei 1 dB Abweichung vom rechnerisch ermittelten Wert . Die digitale Totalausfallgrenze liegt je nach Decoder im Bereich von 7 bis 8.5 dB C/N. Etwa 1 dB oberhalb der Grenze beginnt die Fehlerkorrektur zu versagen, erste Artefakte und fehlerhafte Blöcke tauchen auf. Das digitale S/N erreicht im besten Fall 62.8 dB, kann jedoch nicht besser sein als das S/N der analogen Vorlage im Studio.

Bild 9.4
Bild 9.4 Theoretische Ausfallcharakteristik

 
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